KASPAR-HAUSER-FORSCHUNG

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Offenbacher Fehlerprotokoll zur 1996er Münchener Gen-Analyse-Farce „Kaspar Hauser“

 

Zur wissenschaftlich gemeinten Veröffentlichung: Int J Legal Med 111(6)287-346 Oct 98, pag. 287 ff.: Weichhold et al.: DNA analysis in the case of Kaspar Hauser, ergänzend:  Gen-Analyse Martin Bormann

 

In der Zusammenfassung zu Beginn des Aufsatzes wird als Resümee („Abstract“) postuliert: Thus, it is becoming clear that Kaspar Hauser was not the Prince of Baden. Diese Folgerung steht im Widerspruch zu der Feststellung weiter oben im Resümee, daß die Kleidung, woran die Analyse vorgenommen worden ist, sehr wahrscheinlich („most likely worn“) beim Attentat am 14. Dezember 1833 von Kaspar Hauser getragen worden sei. Der Sprung von „sehr wahrscheinlich“ zur Folgerung „...war nicht“ ist wissenschaftswidrig.

Die Authentizität der Kleidung wurde und wird stichhaltig bestritten (Kurt Kramer, Ansbach, hat darüber veröffentlicht).

 

Wissenschaftswidrig ist im Resümee ferner (zumal im Hinblick auf den rechtsmedizinischen Anspruch der Zeitschrift!), daß hier die Frage nach der Authentizität der Blutspur nicht berührt worden ist. Es ist bekannt, daß die Kleidung-Exponate im Ansbacher Museum früher regelmäßig gewaschen, die Blutflecken daran nachgefärbt worden sind. Selbst wenn es sich um die Originalkleidung gehandelt hätte, so wäre der Blutauftrag nicht automatisch gleichfalls authentisch. In der Einführung („Introduction“) pag. 287 letzter Satz wird nochmals die Fragwürdigkeit der Originalität der Blutspur ausgedrückt: „...a suspected bloodstain from Kaspar Hauser“. Dennoch wird von den Autoren eine Absolutheitsbehauptung aufgestellt.

 

Pag.288 Abs.1: es wird behauptet, daß eine Exhumierung nicht in Frage gekommen sei, da die genaue Lage des Grabes nicht sicher festzustellen sei und, wenn Gebeine gefunden würden, fraglich bleibe, ob sie Kaspar Hauser zuzuordnen seien. Im Hinblick auf den rechtsmedizinischen Anspruch des Journals ist es unverständlich, daß nicht weiter nachgeforscht worden ist. Es gibt Augenzeugen dafür, daß bei dem Fliegerangriff, der den Friedhof in Ansbach beschädigte, das betreffende Grab unversehrt geblieben ist. Und es muß jedem Rechtsmediziner klar sein, daß, da bei der Sektion Kaspar Hausers das Gehirn untersucht worden ist, diese Schädelöffnung ein Identifikationsindiz ist. Beurkundet ist, daß der Schädel aufgesägt worden ist. (Allerdings ist nicht unwahrscheinlich, daß der Leichnam wenige Stunden nach der Beerdigung exhumiert und weggebracht worden ist – es gibt hierfür Indizien.)

 

Pag.288 Abs.2: Der hier erwähnte „Attentats-Stich“ in der Kleidung an der linken Brustseite ist nicht der vormals vorhandene, beschriebene und fotografierte Einstich im Gehrock, sondern es handelt sich um ein früheres Mottenloch (das ist dokumentierbar), das bei der Präparation des wollenen Gehrocks unkundigerweise zu einem Einstich-Loch umpräpariert worden ist (als Kaspar Hauser niedergestochen worden ist, war er zunächst provoziert worden, sich zu bücken, wodurch sich der Gehrock verschoben hat – der Stich traf zwar nahezu das Herz, aber der Einstich im Gehrock lag tiefer und nahe der Leibmitte).

 

dito: Nach unseren Feststellungen unterscheidet sich der Blutfleck, der heute gezeigt wird, von früheren Abbildungen, d.h. es träfe die behauptete Deckungsgleichheit nicht zu; gegebenenfalls müßte dies kriminaltechnisch überprüfbar sein.

 

Pag.289 Table 1: hier wird ohne Einschränkung gesagt: „Reference sequence Kaspar Hauser“. Eine solche Behauptung ist irreführend, da vorab schon der Eindruck erweckt wird, es handle sich in der Tat um Blut von Kaspar Hauser. Ähnlich pag. 290 Bildbeschreibung „Fig.1“: hier wird wiederholt als Fakt gesetzt, was ursprünglich nur „suspected“ genannt worden ist.

 

Pag.290 linke Spalte: Die Autoren postulieren, das Ergebnis erweise, daß innerhalb von 10 Generationen nach Stephanie Napoleon Großherzogin von Baden eine Mutation nicht stattgefunden habe, da beide Ur-ur-ur-Enkelinnen dieselben Gene aufwiesen. Es ist falsch gerechnet worden: es liegen nicht 10 Generationen vor, sondern parallel zweimal fünf Generationen. (Die beiden Nachfahrinnen von "Stephanie" sind zwar durch zehn Generationen voneinander "separiert", es wäre aber ein Trugschluß, wollte man aus der Addition der beiden Nachfahrinnen-Generationen auf "10 Generationen" schließen.). Es ist nicht relativiert worden, inwieweit hier auch ein statistischer Zufall gegeben sein kann.

 

Pag. 291, linke Spalte Abs. 1: : Es wird ausgegangen von Berichten, wonach Mutationen der in Betracht gezogenen Gene erst nach einer mehr oder weniger großen Zahl von Generationen beobachtet worden sind; unter bezug auf diese Berichte eine absolute Schlußfolgerung zu ziehen "can not be an son of Stephanie", das ist wissenschaftlich unzulässig; es hätte lediglich eine statistische Wahrscheinlichkeit daraus gefolgert werden können, denn hier (wie in anderen Punkten des Aufsatzes) stützt sich die Behauptung nicht auf ein Naturgesetz, vielmehr auf unterschiedliche vereinzelte Beobachtungen mit schwankenden Ergebnissen. Die Autoren ziehen aus den in der Literatur geschilderten wenigen Beobachtungen den unzulässigen Schluß "it is becoming clear, that Kaspar Hauser is [sic!] not the Prince of Baden" (=  i s t  nicht der Prinz von Baden). Eine solche schlußfolgernd gewonnene Behauptung ignoriert die Wahrscheinlichkeitsrechnung der modernen Statistik, wonach die Verteilung von unberechenbar eintretenden Ereignissen (z. B. Mutationen; in der Physik: Quantensprünge) nicht an bestimmbare Fixpunkte gebunden ist. Im Zahlenlotto kann z.B. auf eine Zahl unmittelbar die numerisch folgende Zahl "zufällig" folgen. Die Autoren haben zudem noch außer acht gelassen, daß "Stephanie" selber ja innerhalb einer Gen-Vererbungs-Vorfahrenreihe sich befand, so daß ein sehr viel größerer Betrachtungshorizont hätte gedanklich einbezogen werden müssen. - Die geringe Zahl der zitierten Beobachtungen lassen zudem keine statistische Wahrscheinlichkeitsrechnung zu.

 

Dito: Es wird festgestellt: die Person, von der die Blutspur auf der Unterhose stammt, kann nicht ein Sohn sein von Stephanie Beauharnais (gemeint ist: Kaiserliche Hoheit Stephanie [adoptierte] Napoleon, Königliche Hoheit Großherzogin von Baden, geb. Beauharnais – allein schon diese Namensveränderung ist wissenschaftswidrig, es sei denn, es handelte sich um Nachfahren von ihr vor der Adoption und vor der Heirat, was nicht der Fall ist). Diese Feststellung kann ausschließlich nur dafür gelten, daß eben diese Person, von der das Blut stammt, nicht Kaspar Hauser ist bzw. war. Historisch gesehen: die Rechtsmedizin versucht eine Geschichtsklitterung, indem im Aufsatz nun zurechtgebogen wird: daß „zusammen mit der Kenntnis, die wir über die Kleidung und ihre Geschichte haben“ deshalb Kaspar Hauser „nicht ist“ der Prinz von Baden (korrekterweise müßte formuliert werden: der Erbprinz, oder, noch präziser: Seine königliche Hoheit Großherzog von Baden, denn seit 1818 hätte dieser Erbprinz als der legitime Großherzog zu gelten). Die Kenntnis über die Kleidung (siehe das zum Dolcheinstich arrivierte Mottenloch!) ist nicht weit her, ihre „Geschichte“ historisch fragwürdig und die Kenntnis des rechtsmedizinischen Instituts der Universität München davon war 1996 lediglich der Glaube an die „vehemente“ Beteuerung eines hohen, im Institut durch einen ihm nicht zustehenden Adelstitel Eindruck erzielenden bayerischen Staatsbeamten, der später mir gegenüber dies nicht wahrhaben wollte, da er da er für Textilien nicht zuständig sei (dies und weiteres dokumentiert in: Rudolf Biedermann: KASPAR HAUSER: NEUE Forschung und Aspekte I, Offenbach 1998, ISBN-Nr. 3-9806417-0-8).

 

Dito: Die „Legende“ (der badisch-fürstlichen Abstammung) Kaspar Hauser ist widerlegt (can be disproved): hier begibt sich die Naturwissenschaft auf das Gebiet der historischen Wissenschaft – und da kann nicht von „Legende“ gesprochen werden, denn mehr als anderthalb Jahrhunderte geschichtliche Forschungsarbeit haben ergeben, daß die Indizien dafür, daß Kaspar Hauser jener badische Fürstensproß war, erdrückend sind. Es liegt eine Reihe von Kapitalverbrechen vor (u.a. Entführung, Kindesmißhandlung, Freiheitsberaubung,

Vermögensraub, schwere Körperverletzung, Mord, Täuschung der Öffentlichkeit), wovon der (ungesühnte) Mord nach deutschem Recht bis heute unverjährt ist. Seit 1828 nimmt die Weltöffentlichkeit Anteil an dem Schicksal des „Kindes von Europa“, wie Kaspar Hauser genannt worden ist. Hier zu suggerieren: es handle sich um eine „Legende“ ist unangemessen.

 

Dito Absatz 2: Die Autoren rühmen den Erfolg, daß nach 160 Jahren eine Geschlechtsbestimmung erfolgreich durchgeführt worden sei mit „not only mtDNA but also chromosomal DNA“. Das Alter des Blutes wird hierbei nicht hinterfragt, vielmehr wird ausgegangen von den (wie erwähnt: wiederholt erneuerten) Blutspuren an einer nicht als authentisch gesicherten Museumskleidung. Gerühmt wird hier lediglich die Unwissenschaftlichkeit der Vorgehensweise und des kritiklosen Folgerns.

 

Die Behauptung, daß die Blutspur auf einen Menschen, und zwar einen Mann zurückgehe, hätte dahingehend begründend untermauert werden müssen, daß dieses Ergebnis absolut gesichert ist, obwohl nur minimale ("minimalste") Gen-Reste gefunden werden konnten. Die Untersuchung basiert auf einer zahlenmäßig riesigen Vervielfältigung der gefundenen allergeringsten Gen-Reste, weshalb es durchaus möglich erscheint, daß in der Makro-Blutspur auch noch Blut anderer Menschen (oder auch von Tieren) enthalten sein kann, ohne daß von den anderen Blutgebern zugleich ebenfalls allergeringste Blutspuren gefunden werden müssen - ja, es ist sogar plausibel, daß die Wahrscheinlichkeit äußerst gering sein müßte in Anbetracht des extrem geringen Gen-Bruchstücke-Funds, der analysiert werden konnte. In warmer, feuchter Umgebung hält sich DNA nur wenige Tage. Bei kühler und trockener Lagerung können über viele Jahre hinweg nachweisbare DNA-Mengen erhalten bleiben. Aber selbst in den günstigsten Fällen verändert sich die DNA sofort mit dem Tod des Organismus: sie zerfällt in Bruchstücke. Sie kann sogar durch UV-Licht oder Sauerstoff verändert werden. Für eine Untersuchung genügen wenige DNA-Stücke, die den Untersuchungsabschnitt noch in seiner ursprünglichen Form enthalten (ob dies im vorliegenden Extremfall zu seriösem Ergebnis führte?) Einige dieser Angaben beruhen auf im Internet zu findenden Mitteilungen von Dr. G. Weichhold, dem Hauptverfasser der wissenschaftlich gemeinten Darstellung in dem zitierten internationalen Fachorgan für Rechtsmedizin: "http:www.uni-koblenz.de/odsgroe/genweich.htm". John Bark, Rechtsmediziner in Birmingham, teilte am 23.11. 1996 bei der Pressekonferenz in Ansbach mit: Von den einzelnen Gen-Bruchstücken können ca. 1 Million Kopien hergestellt werden; das heißt also: untersucht wird immer dieselbe, gleichsam geklonte Struktur der in diesem Fall äußerst schwierig nur aufzufinden gewesenen vereinzelten Gen-Bruchstücke; daß sich hier dann keine Unterschiede zeigen, ist klar. Erfahrungen lagen laut Bark vor bei 50 Jahre alten menschlichen Überresten (dem stehen im Fall Kaspar Hauser 163 Jahre gegenüber). Bark hebt hervor: 99% der DNA stimmen bei allen Menschen überein. Nur e i n Prozent der DNA bestimmt den Unterschied. Frage:kann man dieses 1 % tatsächlich wissenschaftlich gesichert als Unterscheidungsmerkmal herausfinden in einem Fall wie hier, wo nur allergeringste Bruchstücke von Genen letztlich unklarer Herkunft und unbekannten Alters gefunden worden sind?. Bark spricht ausdrücklich nicht von Beweis, sondern von einer A n n a h m e , die dann, wenn drei oder vier Differenzen (beim Blutvergleich) bei der Analyse gefunden werden, diese "erhärten" würde. (Der Bericht Bark ist abgedruckt in: Rudolf Biedermann: KASPAR HAUSER: Neue Forschung und Aspekte I, Offenbach 1998, S.16 f.). - Bei der Pressekonferenz in Ansbach (23.11.1996) ist außerdem festgehalten worden, daß die Untersuchung "an der Nachweisgrenze" gelegen habe. Es ist unverständlich, wenn bei solchen äußersten Grenzbedingungen Untersuchungsergebnisse konträr zur wissenschaftlichen Genauigkeitspflicht als absolut dargetan werden. Hinzu kommt, daß nicht untersucht worden ist, welchen Einwirkungen die Ansbacher Museumskleidung im Laufe von 163 Jahren ausgesetzt war - sofern es sich überhaupt um authentische Stücke handeln würde, was nicht erweislich ist. So lagen die Kleidungsstücke vor Jahrzehnten ungeschützt offen in Regalen im ursprünglichen Museum aus (und mußten daher regelmäßig gewaschen werden); im Krieg wurden sie im Sparkassen-Keller aufbewahrt, wo sie 1945 (oder später) von dem Ansbacher Amtsleiter Karlheinz Senning verschmutzt und durch Plünderungen durcheinandergeworfen aufgefunden worden sind; auch ist erwiesen, daß die Kleidung zu Ausstellungszwecken zeitweise anderswo, z.B. in Berlin, ausgestellt gewesen ist. Ferner ist verläßlich überliefert, daß (vor Jahrzehnten) die Blutflecken an den Kleidungsstücken von Zeit zu Zeit aufgefrischt worden sind: mit Hilfe eines Kännchens mit Blut. Alles dies ist bei der Gen-Analyse 1996 nicht berücksichtigt worden. Es widerspricht wissenschaftlicher Forschung, daß 1996 postuliert wurde, es handle sich um einen originalen Blutrest aus dem Jahr 1833. Hier sei auch erwähnt, daß bei der Gen-Analyse-Untersuchung 1996 in München eine Denkschärfe obwaltete, wie in dem Aufsatz von Weichhold und Professoren erkennbar: In diesem Aufsatz heißt es "The sex of the bloodstaines clothing was tested by...", also: "Das Geschlecht der blutbefleckten Kleidung wurde durch (...) bestimmt" - das ist höherer Nonsens. Andere Sprach- und Denkunschärfen mußten auf Anforderung der Redaktion von den Autoren erst noch zurechtgebügelt werden; das Manuskript mußte zurückgenommen und, nach Nachbesserung, ein zweites Mal eingereicht werden.

 

Unerwähnt blieb im Aufsatz: von Geburt an bis heute schlagen Wellen krimineller Energie immer wieder an die Thematik „Kaspar Hauser“ an. Dies hätte besonderer Vorkehrungen bedurft, um, soweit menschenmöglich, kriminelle Einwirkungen auf die Untersuchungsvorgänge zu eliminieren. Solche gezielten Vorkehrungen hat es offensichtlich nicht gegeben, wie überhaupt auch die Gefahr von sonstigem menschlichem Versagen und Irrtümern nicht in das Kalkül gezogen worden ist. In Anbetracht der sanguinischen Darstellung, die der Aufsatz gibt, bestehen besondere Bedenken, daß auch bei den diversen Untersuchungs-Vorgängen nicht diejenige Sorgfalt vorausgesetzt werden darf, die man einem rechtsmedizinischen Institut unterstellen möchte. – Unkritisch ist der Aufsatz auch insoweit, daß darin Überlegungen über die statistischen Wahrscheinlichkeits-Gesetzmäßigkeiten nicht diskutiert werden.

 

In KASPAR HAUSER:Neue Forschung und Aspekte 1 werden noch weitere Probleme angesprochen, die mit der Wissenschaftlichkeit der Gen-Analyse von 1996 und ihrer Interpretation aufgetreten sind. So hat z.B. der Vorstand des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München schriftlich zugegeben, daß von privater Seite (Auskunft über den Geldgeber: verweigert!) Mittel geflossen sind, um diese Untersuchung zu ermöglichen. Welche Wissenschaftsmethodik angewandt worden ist, dafür sei erwähnt: Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ hat am 23.11.1966 in Ansbach wiederholt öffentlich bekundet, er habe seinen Auftrag zur Gen-Analyse an die Bedingung geknüpft, daß „entweder ein Ja oder ein Nein“ herauskomme, das heißt es ist ein Ergebnis ausbedungen worden, das wissenschaftlich nicht vorausbestimmbar ist. – Dem Aufsatz sieht man im übrigen nicht an (mit der Ausnahme, daß der Name des Chefredakteurs in Kleindruck marginal erscheint), daß es sich um eine Auftragsuntersuchung gehandelt hat. – Nicht umrissen ist auch im Aufsatz, welche laufende Hilfe von Seiten der Industrie sowohl in München als auch bei der Kontrolluntersuchung in Birmingham geleistet worden ist – wäre diese Hilfe in jeder Hinsicht unproblematisch, so hätte sie nicht verschwiegen werden müssen. Die Verbindungen zur Industrie (Pharma und Apparate) sind eng. Der eigentliche Autor des Aufsatzes Dr. Weichhold ist zweieinhalb Monate nach Erscheinen des Aufsatzes in Int J Legal Med zum Lieferanten (Verfahren, Apparate, Chemikalien) gewechselt und nimmt u.W. die Interessen der Industrie heute u.a. in München wahr. - Wissenschaftlich exakt wäre gewesen, wenn die Autoren des Aufsatzes erkennbar gemacht hätten, daß die Untersuchung in Birmingham sich auf dieselben Verfahren (einschließlich der Apparate und Chemikalien) gestützt hat wie diejenige von München, und daß hier wie dort die absatzorientierte Herstellerfirma bzw. Patente-Inhaberin beratend herangezogen werden konnte, d.h., daß beide Untersuchungen als parallel geschaltet bewertet werden dürfen.

 

Der „Fall“ Kaspar Hauser war von Anfang an ein politischer Fall und ist es bis heute geblieben. Es ging und geht um Macht über Menschen, Staaten und um Finanzen – anders wären die Unterdrückungs-Anstrengungen gegen Kaspar Hauser seit 1812 (seinem präsumtiven Geburtsjahr) nicht zu erklären. Ich habe in meinem oben erwähnten Forschungsbuch die Dinge zumindest teilweise beim Namen zu nennen gewagt. Die Veranstaltung der Gen-Analyse des vermeintlichen Kaspar-Hauser-Bluts 1996 (und die weltweite publizistische Ausbeutung des vorgeblich wissenschaftlichen Ergebnisses) fällt in die Zeit des Zusammenwachsens der europäischen Länder zu einem vereinten Europa. Es ist nicht anders zu erwarten, als daß damit auch Weichen gestellt wurden und werden für künftige Machtverhältnisse in Europa. Verständlicherweise drängen einstige Herrscherhäuser (und Ihre Finanziers und sonstigen Coaching-Engagierten sowie auch deren vielfältige Einflußgruppierungen, Bünde, Ordensverbände) dahin, wieder Macht zu erhalten (wobei gern von einem  - auch weltanschaulichen -  Wiedererstehen des mittelalterlichen „Reichs Karls des Großen“ gesprochen wird). An der Spitze dürften hier drei Herrscherhäuser stehen, die in früheren Jahrhunderten aus ihren Reihen deutsche Kaiser gestellt hatten: Die „Habsburger“ (Österreich), die „Hohenzollern“ (Preußen), die „Wittelsbacher“ (Bayern). Die Blutlinien dieser (und weiterer europäischer Königshäuser) bündeln sich in der Nachfolge-Seitenlinie der badischen Großherzöge – eben jener Seitenlinie, die durch die Wegschaffung der Prinzen/Erbprinzen (1812 bzw. 1816/1817) der Zähringer-Stammlinie des Großherzogtums Badens zu Macht, Ansehen, Geld und Besitz gekommen ist. Ein Sproß aus dieser europaweiten Bündelung von Blutlinien mag mit europaweiten Sympathien rechnen, was zugleich zu einer Renaissance des monarchischen Gedankens tendieren würde. Der Mord und die anderen Schandtaten an Kaspar Hauser haben diese Seitenlinie für dauernd befleckt, wenngleich hochachtbare Persönlichkeiten ihr angehört haben, die keine persönliche Schuld an jenem Mord trifft, allenfalls der Vorwurf der chronischen Verdunkelung. - Es muß ein erhebliches macht- und finanzpolitisches, auch ideologisches Interesse vorhanden sein, jenen Mord im Hofgarten von Ansbach von 1833 (wenn der schon nicht abzuleugnen ist, was lange  – erfolglos -  versucht worden ist) herunterzuspielen auf die rein bürgerliche Ebene, das heißt Kaspar Hauser, das Kind von Europa „wissenschaftlich unwiderlegbar“ zur Legendengestalt umzufunktionieren. Wenn sich die Persönlichkeiten der Rechtsmedizin urteilend auf das Gebiet der Historie begeben, so sollten sie die hier angesprochenen Leitlinien kennen; der Jurist und Historiker Dr. jur. Dr. phil. Karl Heyer glaubte noch weitreichendere Tendenzen, die mit dem Phänomen Kaspar Hauser verknüpft sind, zu erkennen; er hat sie dargestellt in seinem Buch „Kaspar Hauser und das Schicksal Mitteleuropas im 19. Jahrhundert“ (1958, neu aufgelegt im Perseus-Verlag Basel[Schweiz] 1998).

 

Als bemerkenswertes Phänomen für aktuelle Hintergrund-Steuerung der Öffentlichen Meinung im Hinblick auf Kaspar Hauser sei festgehalten: Einerseits ist die Gen-Analyse-Farce von 1996 mit enormem medienmäßigen Impetus hochgespielt (und weltweit verbreitet) worden, jedoch: über die Enthüllung, daß die Behauptungen von 1996 tatsachenwidrig sind (und dies vom stellvertretenden Münchner Uni-Institutsdirektor am 4.8.2000 sogar schließlich öffentlich zugestanden worden ist) scheint der Mantel des Schweigens gebreitet zu sein. Man kann dieses öffentliche Unterdrücken der Wahrheit als Fortsetzung derselben "schwarzen Mitternacht" (v. Feuerbach) sehen, die seit den Tagen Kaspar Hausers offensichtlich gezielt obwaltet.

 

Abdruck honorarfrei. Beleg erbeten an: Kaspar-Hauser-Forschung, Nordring 56, D-63067 Offenbach am Main

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Das Offenbacher Fehlerprotokoll erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Unkorrigierbarkeit.

Es hält persönlich gewonnene Meinung fest. – Weiterführende oder korrigierende Hinweise erbeten.

 

Anfragen nach Originaltexten aus Intern. Journal of Legal Medicine an: Bayaz@springer.de  / Tel 06221/487-8531

V.i.S.d.P. : Dr. phil. Rudolf Max Biedermann, Nordring 56, D-63067 Offenbach a.M.

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Dritte Ergänzung. Die Lösung: es ist mit Vorsatz wissenschaftswidrig gehandelt worden.

Dem Aufsatz DNA-Analysis im Fall von Kaspar Hauser im zitierten Fachorgan für Rechtsmedizin International Journal of Legal Medicine (1998/11/6/S.287-291), Verfasser: Weichhold, Bark, Korte, Eisenmenger, Sullivan, ist der Hinweis vorangestellt, daß das Manuskript am 5. September 1997 der Redaktion eingereicht und am 3. Februar 1998 in revidierter Form erneut eingereicht worden ist. Grund dafür, daß das Manuskript zunächst an die Autoren zurückgegeben worden war: die Zeitschrift hatte üblicherweise anonyme Gutachter betraut gehabt; diese hielten eine Veröffentlichung erst nach Fehlerkorrekturen für angebracht. Der für die Koordination der Zeitschriftenbeiträge zuständige Herausgeber (Editor) Prof. Dr. med. Dr. h. c. B. Brinkmann (Münster) war nicht bereit, uns den ursprünglichen Text zwecks Vergleich der Änderungen zu überlassen, da dies der Autor (also wohl: Dr. G. Weichhold, vor 1999: München) verweigere. Er deutete jedoch an, daß es sich im wesentlichen um stilistische und übersetzungstechnische Dinge gehandelt habe. Der Knackpunkt blieb unerwähnt.

 

Neuerdings haben wir Zugang zum springenden Punkt der Gutachter-Beurteilung gefunden, der besagt im Wortlaut (übersetzt): Weichhold und Mitverfasser haben keinen unstrittigen Beweis, daß die Blutspur tatsächlich original von Hauser ist. Theoretisch könnte die Blutspur gefälscht [!] worden sein (zum Beispiel um einen dramatischen Effekt zu erzielen) zu jedem beliebigen Zeitpunkt zwischen 1833 und der Fotografie aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Autoren sollten folglich ihre Darstellung diesem Sachverhalt anpassen.

 

Die schlimmsten Denk- und Sprachfehler (wenngleich nicht alle) sind offenbar bei der revidierten Fassung der Manuskripts ausgemerzt worden, auch könnte es sein, daß im Text Einzelheiten im Sinne der oben erwähnten Gutachter-Forderung etwas abgeschliffen worden sind. Dem Gutachten entgegen ist aber geblieben, daß im Vorspann und in der schlußendlichen Zusammenfassung die Fehlbehauptungen in Bezug auf eine absolute Klärung der Abstammung Kaspar Hausers nachdrücklich hervorgehoben worden sind.

 

In der schlußendlichen Zusammenfassung wird dreimal dieselbe wissenschaftswidrige Fehlbehauptung aufgestellt. Einmal heißt es „er kann [!] nicht ein Sohn sein“ (von Stephanie Großherzogin von Baden): Cannot be a son“, sodann „Kaspar Hauser ist [!] daher nicht der Sohn von Stephanie“: Kaspar Hauser is therefore not the son of Stephanie“, und sodann „Folglich wird klar, daß Kaspar Hauser nicht der Prinz (Fürst) von Baden ist [!]: Thus is becoming clear that Kaspar Hauser is [!] not the Prince of Baden“. Hierbei ist phänotypisch: es liegt eine dreistufige Steigerung der Fehlbehauptung vor, die dem Leser gleichsam suggestiv im Präsens [!] eingehämmert wird wie eine meditative Verstärkung durch Wiederholung. Es fällt schwer, in solcher seelischer Beeinflussungstechnik nicht Raffinement zu erkennen – zumal dies sich kontradiktatorisch zum fachlichen Gutachten verhält. Hier ist auch zu bemerken, daß von Kaspar Hauser dreimal als von einer lebenden Person gesprochen wird: „ist nicht“, im Gegensatz  zum Vorspann („Abstract“), wo es heißt „war“.

 

In der als Vorspann dem Aufsatz vorangestellten Zusammenfassung („Abstract“ genannt, also „Resümee“, oder im Sinne einer Bauzeichnung „Aufriß“) wird hingepfahlt: „Folglich wird klar, daß Kaspar Hauser nicht der Prinz (Fürst) von Baden war[!]: was not. Diesem Postulat im Vorspann („Abstract“) kommt besondere Bedeutung zu, da im Internet lediglich das „Abstract“ direkt abrufbar ist. Es wird also weiterhin „unters Volk“ offensichtlich gezielt dasjenige gebracht, was wissenschaftlicher Methodik und allgemeinmenschlicher Rechtlichkeit widerspricht, trotzdem dies gutachterlich beanstandet worden war. Zwar ist auch der ganze Text des Aufsatzes abrufbar (oder es kann auch die Zeitschrift für sehr teueres Geld bezogen werden), aber dafür muß extra gezahlt werden. Die gravierend pekuniär eingeschränkte Einsichtsmöglichkeit widerspricht der Freiheit der Wissenschaft und der Zugänglichkeit zu ihr für jedermann: man kann darin ein Stück Erkenntnisunterdrückung sehen. Auch ist es doch wohl so, daß dem, der sich nur allgemein interessiert eine Zusammenfassung genügt – im Vertrauen, daß diese Zusammenfassung seriös ist.

 

Es scheint zum System zu gehören (Shakespeare: Ist es auch Irrsinn, hat es doch Methode), daß entgegen  ausdrücklichem Gutachter-Statement auch in der revidierten Fassung des Manuskriptes nicht gekleckert sondern geklotzt wird mit der geradezu aufdringlich vorgebrachten wissenschafts-inkonformen Ergebnis-Fehlhauptung. Zum augenfällig werdenden System-Prinzip gehört (und das ist im v. Feuerbach’schen Sinn sonnenklar geworden), daß diese im Kernpunkt  n i c h t  revidierte Fassung nun tatsächlich in dem weltweit verbreiteten Fachorgan, dem Gutachten entgegen, abgedruckt worden ist. Konnte man bislang die Fehlbehauptungen eventuell für ungewollte Denkfehler, oder für Zufälligkeiten halten oder schlimmstenfalls der fachlichen Inkompetenz einiger Einzelpersönlichkeiten zuzuordnen versuchen, so ist nunmehr jeder Zweifel behoben. Ergebnis: Es hat sich anhand des Fachaufsatzes und dessen Veröffentlichungsvorgängen und –gegebenheit erwiesen, daß mit Vorsatz wissenschaftswidrig gehandelt worden ist. Tritt da eine kriminelle Taktik zutage, die dem Mafiadunst der Verfälschungsgeschichte des Themas Kaspar Hauser entspricht, wie sie seit 1812 die schwarze Mitternacht (v. Feuerbach 1832) zusammenklittern will?

Letzte Änderung Christi Himmelfahrt 8. Mai 2002

V.i.S.d.P. R. Biedermann (s. o. Fußnote S.4.). Engl. Originalfassung des Gutachter-Zitats ist hier abrufbar.

   
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